Tradition, die nicht nur reine Freude ist

Murrhardter Zeitung vom 28.05.2011

Liederkranz-Chorfreunde aus Château-Gontier zu Gast – Partnerschaftskonzert in St. Maria – Intensive Vorbereitung des Treffens

 

Donnerstagabend reisen sie an und Sonntagfrüh wieder ab, die Freunde des Liederkranzes Murrhardt vom Chor Interlude aus Château-Gontier. So kurz der Besuch auch ist, er will vorbereitet werden. Und die Tage an sich sind anstrengend. Dennoch pflegen die Vereine ihren Kontakt, es ist die elfte Begegnung seit 1984. Warum? Aus Tradition.

 ... und Gegenbesuch in Frankreich: Die Mitglieder des Liederkranzes Murrhardt stehen ihren Freunden aus Château-Gontier mit Aufenthalten in der Partnerstadt nur wenig nach. Fotos: privat

 

Von Nicola Schneider

MURRHARDT. Das Programm ist straff: Donnerstag, 2. Juni, Eintreffen der 34 Gäste an der Festhalle, danach Abendessen in den Familien. Freitag, 3. Juni, Stadtrundgang mit Christian Schweizer, Singen auf dem Marktplatz beim Wochenmarkt, Empfang mit dem Bürgermeister im neuen Kino, Mittagessen in den Familien, Chorproben in der katholischen Kirche, Partnerschaftskonzert in St. Maria, festlicher Empfang im Gemeindezentrum. Samstag, 4. Juni, Fahrt nach Stuttgart, Stadtrundfahrt, Besuch des Fernsehturms, Picknick, Rückfahrt nach Murrhardt, geselliger Kameradschaftsabend im Friederikensaal des Schumm-Stifts. Sonntag, 5. Juni, 7 Uhr Verabschiedung an der Festhalle. Die Gäste vom Chor Interlude aus Murrhardts französischer Partnerstadt Château-Gontier haben nach einer zwölfstündigen Hinfahrt ins Schwabenland dann eine ebenso lange Rückfahrt vor sich. „Das ist schon anstrengend für die Leutle“, weiß Harold Gampper aus eigener Erfahrung. Der Liederkranz-Vorsitzende war selbst schon vier Mal in Château-Gontier zu Besuch. Diese Begegnungen empfindet er „nicht als die reine Freude. So wird es denen auch gehen.“

Zumal so ein Treffen ja angestoßen und vorbereitet werden will. „Als Vorstand muss man das Ding schon in die Wege leiten. Von allein läuft das nicht.“ 2008 war der Liederkranz zuletzt in Château-Gontier zu Gast. Damals habe er die Einladung zum Gegenbesuch ausgesprochen. Im Herbst 2010 habe er sie bekräftigt, sagt Harold Gampper. Die französischen Freunde sagten zu, schickten eine Teilnehmerliste. Harold Gampper begann die Suche nach Privatquartieren für die Gäste, versuchte wochenlang das ein oder andere Vereinsmitglied zu überreden, doch drei ältere Damen zu beherbergen. Seit Anfang des Jahres bereiten Dirigentin Angela Westhäußer-Kowalski und die Liederkranz-Chöre die Gestaltung des Partnerschaftskonzerts in der katholischen Kirche vor. Sonderproben standen an, eine Extraprobe in der Kirche. Die zwei Lieder, die der Liederkranz und Interlude beim Konzert gemeinsam singen, müssen ausgewählt und einstudiert werden. „Es ist schon ein gewaltiger Aufwand“, gibt Gampper zu. Hinzu kommt die Mühe, die die Verständigung in der Fremdsprache mit sich bringt.

Anders als früher nehmen heute nicht mehr viele Vereine oder Institutionen aus Murrhardt das Ganze auf sich. Schließlich wird der Austausch von Verein zu Verein auch von der Stadt nicht mehr gefördert, „was wir unter dem Spargedanken zähneknirschend hinnehmen“, sagt Gampper. „Ein paar hundert Euro täten uns aber schon gut.“

Warum also pflegt der Liederkranz den Kontakt zu Interlude weiter und umgekehrt? „Aus Tradition“, sagt der Geschäftsführer der Friedrich Gampper KG. „Wenn es irgendwie machbar ist, möchte ich es auch nicht fallen lassen.“ Die Kosten eines solchen Treffens stehen an zweiter Stelle. „Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist das nicht richtig. Aber hier geht’s nicht um einen Betrieb, sondern um eine Chorfreundschaft.“ Bei den elf Begegnungen seit 1984 seien so tolle Sachen dabei gewesen. „Es sind immer sehr, sehr schöne Begegnungen“, blickt Gampper zurück. „Jedes Mal sammelt man wieder neue Eindrücke.“ Aus seiner Sicht waren die Murrhardter 2008 sicherlich nicht das letzte Mal in Château-Gontier. Beim nächsten Mal, so ist er überzeugt, werden auch viele jüngere Chormitglieder dabei sein.

Höhepunkt des Treffens ist das geistliche Partnerschaftskonzert in der katholischen Kirche St. Maria. Es findet am Freitag, 3. Juni, um 19 Uhr statt. Der Eintritt ist frei, um Spenden wird gebeten. Die Leitung von Interlude liegt bei David Tellier. Voraussichtlich singen die Gäste eher weltliche Stücke. Unter der Leitung von Angela Westhäußer-Kowalski tritt der Liederkranz mit dem gemischten Chor („Kleine Messe“ von Charles Gounod), Dacapo (ausgefallene Gospels und Auszüge aus der „Mass of Joy“) sowie den Chorinos und Chorrerros (moderne geistliche Lieder und Auszüge aus „Sister Act“) auf. Zugunsten dieses Freundschaftskonzertes entfällt heuer das Liederkranz-Jahreskonzert.